Interview mit Dierck Willemer:

Es ist kurz nach halb 6 als ich die Klingel bei Familie Willemer betätige. Draußen ist es dunkel und dank der Deutschen Bahn bin ich ein bisschen zu spät. „Kein Problem!“ sagt Dierck, der mir entspannt die Tür öffnet. „Ganz entgegen aller Annahmen haben wir Rentner jede Menge Zeit.“ Na dann bin ich ja erleichtert und darf es mir in seinem Büro gemütlich machen, in dem er grade die letzten Zeiten und Weiten für das Deutsche Sportabzeichen einträgt. Von den Wänden lächeln mir jede Menge Bilder aus der Vergangenheit entgegen, Urkunden und die Liebe zu Schalke 04 kann ich erkennen. Darauf werden wir sicher später noch einmal zu sprechen kommen. Nun geht es erst einmal mit unserem Interview los:

Patricia: Dierck, wie lange bist du schon Mitglied im TSV Eystrup?
Dierck: Das ist eine gute Frage! 1966 bin ich nach Eystrup gekommen und es gibt einen Spielerpass, mit dem ich in diesem Jahr 20 Minuten lang für Eystrup gespielt habe. Ein offizielles Mitglied bin ich aber erst seit 1985.

Patricia: Jetzt hast du es ja schon angerissen: Die Sportart, die dich zu uns geführt hat was also Fußball?
Dierck: Ja, das ist richtig. Wahrscheinlich haben die sich gedacht, da kommt ein neuer junger Sportlehrer, der muss Fußball spielen können. Der damalige 1. Vorsitzende der Sparte Fußball Brosta hatte mich angesprochen und konnte mich für die 1. Herren gewinnen. An den Trainer erinnere ich mich allerdings nicht mehr. Das könnte daran liegen, dass ich tatsächlich in meinem ersten Spiel 20 Minuten lang zum Einsatz kam und dann verletzt wurde. Somit hatte sich dieser Karriere schnell erledigt.

Patricia: Das heißt dein erstes Amt beim TSV ließ noch ein bisschen auf sich warten?
Dierck: Erst einmal war ich noch einige Jahre Trainer beim TSV Hassel. In dieser Zeit hatte ich mit den Eystrupern gar nichts zu tun. Erst als dann die Tennis Sparte mit Fritz Dohrmann gegründet wurde – das muss so Anfang der 70er gewesen sein – zog es mich wieder zurück. Dafür wurde an der Schule ein Hartplatz gemacht, der jetzt auch noch teilweise da ist. Der sah aber damals natürlich noch ganz anders aus. Diesen haben wir dann als Tennisplatz genutzt und mit ca. 20 Leuten Tennis gespielt. Das hielt allerdings nicht ganz lange und so wurde die Sparte wieder ausgelöst. Erst ein paar Jahre später wurde sie von Manfred Ernst praktisch wieder neu gegründet und da war ich dann von Anfang an dabei.

Patricia: Jetzt haben wir viel aus der Vergangenheit gehört – was sind denn deine heutigen Aufgaben im TSV Eystrup?
Dierck: Also eigentlich bin ich Mitglied! (wir müssen beide lachen) Nein wirklich, ich habe kein offizielles Amt mehr im TSV! (überlegt noch einmal) Nein, das stimmt nicht! Natürlich bin ich seit vielen Jahren für das Thema Sportabzeichen verantwortlich und das doch sehr erfolgreich. Gerade bin ich schon wieder am Überlegen, was man im nächsten Jahr neues machen könnte, um die Zahlen wieder anzukurbeln. Die sind in den letzten zwei Jahren nämlich ein bisschen gesunken. Aber da fällt mir schon was ein!

Patricia: Da sind wir uns sicher! Was meinst du denn – warum wird es den TSV Eystrup auch in 100 Jahren noch geben?
Dierck: (überlegt kurz) Also ich bin fest davon überzeugt, dass es ihn dann noch geben wird. Ob noch in dieser Form und mit all diesen Sparten, da muss man noch mal drüber nachdenken. Als Beispiel nehme ich mal die Tennis Sparte. Hier sind wir in den letzten 30 Jahren von 190 auf 60 Mitglieder gefallen und davon sind vielleicht noch 30 wirklich aktiv. Es kann natürlich sein, dass sich das alles noch mal wieder wendet und die Zahlen nach oben gehen, aber auch in anderen Sparten wie Tischtennis müssen Kooperationen eingegangen werden, damit ein Spielbetrieb überhaupt noch möglich ist. Ich könnte mir vorstellen, dass die Vereine in Zukunft nicht nur kooperieren, sondern sich zu einem großen Verein zusammenschließen, um auch neue Sparten ins Leben rufen zu können. Da Eystrup aber ein zentraler Ort auf dieser Seite der Weser ist, bin ich mir sicher, dass der Verein auch in 100 Jahren noch existiert. Wir beiden können das aber wohl nicht mehr überprüfen (lacht).

Patricia: Dann schauen wir doch noch mal auf deine Vergangenheit. Gab es da ein sportliches Highlight, das dir bis heute nicht mehr aus dem Kopf geht?
Dierck: Oh ja, da gibt es sogar ein paar. Und zwar war der Sprinter Heinz Schumann aus Bremen der Ehrengast beim 75-jährigen Jubiläum des TSV Eystrup. Dieser wurde 1964 fünfter beim 100m Finale der Olympischen Spiele in Tokio. Und mit dem durften ich und noch zwei andere die 100m laufen. Das war eine sehr große Ehre.
1962 wurde ich vierter bei der Westfalenmeisterschaft im Fünfkampf. Damals war ich noch Mitglied bei der Spielvereinigung Herten, dem gleichen Verein, aus dem Rudi Assauer kommt. Wir haben häufig zusammen trainiert.
In Bezug auf mein Amt hat es mich natürlich auch sehr gefreut, als wir die 333 Sportabzeichen geschafft haben. Das sind 10% der Bewohner! Da haben uns viele andere Vereine drum beneidet. Und in dem Zusammenhang auch noch für mich persönlich im vergangenen Jahr das 60. Sportabzeichen!

Patricia: Ja, das sind auf jeden Fall ein paar tolle Erinnerungen. Gab es denn auch sportliche Tiefpunkte?
Dierck: (überlegt) Nein, also tatsächlich kann ich mich an kein Ereignis erinnern, das ich wirklich als deprimierende Geschichte bezeichnen könnte.
Patricia: Keine schlimmen Verletzungen, die dich länger Zeit außer Gefecht gesetzt haben?
Dierck: Toi toi toi – da gab es bei mir persönlich wirklich nichts zu beanstanden.
Patricia: Der eine oder andere Eystruper würde vielleicht deine Trainer Tätigkeit beim TSV Hassel als Tiefpunkt bezeichnen (lacht).
Dierck: (völlig ernst) Nein, nein, das kann ich so nicht sagen und muss sogar heftig wiedersprechen. Denn die Trainertätigkeit in Hassel war sogar sehr erfolgreich für mich. Sowohl bei den Herren als auch bei der Jugend konnten wir den Abstieg vermeiden und sind die anderen Jahre immer unter den ersten drei gewesen.

Patricia: Das kann man definitiv als Erfolg bezeichnen! Nun gut, anderes Thema. Gibt es einen Sportler, den du als Vorbild hast?
Dierck: So ein richtiges Idol oder Vorbild für mich habe ich nicht. Aber es gibt welche, die ich wegen ihrer Leistungen oder Verhaltensweisen bewundere. Auf Tennis Seite sind das sicherlich Boris Becker und Steffi Graf. Und da ich ja eigentlich aus der Leichtathletik komme gibt es dort noch einen Frank Busemann. Das ist ein Zehnkämpfer, der bei den Olympischen Spielen mal Silber geholt hat und sich jetzt als Repräsentant für das Deutsche Sportabzeichen hergibt. Außerdem war ich auch viele Jahre Basketball Trainer und deshalb gehört Dirk Nowitzki definitiv auch zu den Personen, die ich bewundere. (zeigt auf seine Fotowand) Da haben die Tennisleute mal eine Collage gemacht „Dirk meets Dierck“ als wir uns ein Spiel in Bremen angeschaut haben.

Patricia: Eine tolle Idee! Und wenn ich so auf die Wand schaue ergibt sich schon fast die nächste Frage. Hast du neben dem TSV Eystrup noch einen anderen Lieblingsverein?
Dierck: Ja, natürlich, aber das ist ja auch bekannt, dass Schalke 04 MEIN Verein ist. Dazu muss man wissen, dass ich im Ruhrgebiet in der Nähe von Gelsenkirchen groß geworden bin. Da sind wir als Schüler immer hingefahren und so habe ich alle Phasen, Hochs und Tiefs mitgemacht.

Patricia: Also ein Fan durch und durch, sehr schön! Nun wollen wir noch mal etwas persönlicher werden. Hast du ein Morgenritual?
Dierck: Ein Morgenritual? Nee, absolut nicht! Einen Morgentrott vielleicht, aber ich mache jetzt nicht jeden Morgen irgendwelche Gymnastikübungen oder so.

Patricia: Damit wären wir dann auch direkt bei der nächsten Frage. Wie hältst du dich fit?
Dierck: Ich halte mich ganz normal alltäglich fit durch Fahrrad fahren, obwohl das auch immer weniger wird. Ich versuche in der Woche mindestens vier Stunden auf dem Drahtesel unterwegs zu sein. Nicht am Stück, aber insgesamt. Im Sommer spiele ich mindestens drei Mal und im Winter ein Mal die Woche Tennis. Ach und wenn du das Sportabzeichen abnimmst, dann trägst du ja nicht nur die Zeiten ein, sondern musst auch mal was vormachen. Das ist dann auch genug.

Patricia: Definitiv! Wir haben vorhin ja schon mal über deine sportlichen Highlights gesprochen. Jetzt würde ich gerne ein Highlight von dir hören, das im Zusammenhang mit dem TSV Eystrup steht.
Dierck: Das war ganz eindeutig das ganze Jahr, in dem der TSV Eystrup 125 Jahre alt geworden ist. Alle Aktionen waren super organisiert wie zum Beispiel der Kommersabend oder das Heft mit den ganzen Erinnerungen, das ich mitgestalten durfte.
Und dazu gehören natürlich auch die Ehrungen bei der Sportgala im Landkreis Nienburg, bei der wir häufig einen der vorderen Plätze belegen. Oder auch die Einweihung der großen Sporthalle, die ist mir auch sehr im Gedächtnis geblieben.

Patricia: Das sind wirklich viele tolle Erinnerungen. Und damit kommen wir auch schon zur letzten Frage. Was wünschst du dir für die Zukunft?
Dierck: Für mich persönlich wünsche ich mir natürlich, dass ich noch einige Jahre so aktiv bleiben kann, wie ich aktuell bin. Für den TSV wünsche ich mir, dass wir es mal wieder zu den Mitgliedszahlen von vor fünf oder sechs Jahren schaffen. Das waren um die 800 Mitglieder. Und da haben wir mit Jürgen Dieckhoff als ersten Vorsitzenden auf jeden Fall eine gute Partie, denn der denkt sich immer wieder neue Aktionen aus, um zumindest erst einmal wieder die 700 zu erreichen. Auch die Wirtschaft spielt dabei einen wichtigen Teil und ich hoffe, dass wir von denen weiterhin gute Unterstützung erhalten. Und natürlich darf der sportliche Erfolg nicht vergessen werden. Früher war ich ein klarer Gegner von Mannschaften und Punktspielen. Das hat sich aber im Laufe der Jahre geändert. Mittlerweile glaube ich, wenn die Mannschaften präsent sind, kann auch der Zulauf aus der Bevölkerung kommen. Als Beispiel kann ich wieder die Sparte Tennis nennen. Hier haben wir mit Ausnahme einer Jugendmannschaft keine Sportler, die an Punktspielen teilnehmen und somit auch keine Aufmerksamkeit. Wir stehen nicht in der Zeitung und auch sonst wird nicht über uns berichtet. Und das zeigt, dass gute Jugendarbeit geleistet werden muss. Seit zwei Jahren haben wir einen guten Trainer und dann kommt der Nachwuchs auch wieder.
Patricia: Ohne Angebot wandern die Leute natürlich an die Nachbarvereine ab oder nehmen die Sportart erst gar nicht wahr.
Dierck: Das ist definitiv so, aber auch Drumherum haben alle zu kämpfen. Hassel nehme ich davon mal aus, da die sehr aktiv sind und viel für den Nachwuchs machen. Daran können wir uns sicherlich ein Beispiel nehmen!
Ich wünsche mir also, dass sich weiterhin viele Leute für den Sport engagieren, sodass wir noch viele Jahre eine Anlaufstelle für Jung und Alt bleiben!